Manche Frau erinnert sich noch an früher, als man im Handarbeitsunterricht Sticken lernte. Meist fummelte man mit verschwitzten Händen am Stickrahmen herum und brachte es nicht fertig, mehrere Kreuzstiche ordentlich in eine Reihe zu bekommen. Heute hat man es deutlich leichter. Man kann Fertigpackungen kaufen, wo das Bild als Vorlage bereits auf den Untergrund aufgedruckt ist und nur nachgestickt werden muss.
Stickbilder als Kunstform
Viele Frauen entwickeln sich als Stickerinnen zu wahren Künstlerinnen. Früher bestickten sie Leinen-Tischdecken für Festtage kunstvoll mit Weihnachts- oder Ostermotiven. Manche stellten Kissenbezüge mit Stickerei her oder nahmen sich ihrer Küchenschürze an. Jahrelang wurden bestickte Tischdecken gehütet wie Schätze. Man legte sie an passenden Feiertagen auf und erfreute sich an ihren Motiven. Irgendwann aber kaufte man unweigerlich eine pflegeleichtere Decke. Zu viele Flecken hatten sich zwischen den Stickmotiven angesammelt, die selbst dem besten Waschmittel widerstanden. Daraufhin verlegten sich viele Frauen darauf, Wandbilder zu fertigen. Ob man gestickte Miniaturen anfertigte und in thematischen Gruppen aufhängte oder es mit größeren Motiven versuchte, ist unterschiedlich. Tatsache ist, dass der Kreuzstich spätestens in den achtziger Jahren wieder in Mode kam. Zu verdanken war das auch der Bastelhysterie, die dazu führte, dass Bastelgeschäfte im Internet aus dem Boden schossen. Hunderte von neuen Bastelideen und Bastelbüchern stürmten den Markt. Man hatte mehr Freizeit und oft auch mehr Geld.
Sticken in der Moderne
Geben Sie einmal das Suchwort „Sticken“ in einer Suchmaschine im Internet ein, um die Bedeutung dieser textilen Technik zu erfassen. Kennerinnen wissen, dass es verschiedene Stickarten und -techniken gibt. Man unterscheidet Weißstickerei von Buntstickerei. Als Techniken kommen der Kreuzstich, die Goldstickerei, Bargello, Kelim- und Gobelinstickerei, Nadelmalerei, Ajour-Stickerei, Richelieu, Hardanger, Sashiko oder Quillarbeiten zur Anwendung. Früher befasste man sich im Handarbeitsunterricht mit Stickmustertüchern. Diese sind heute schon museumsreif. Manchmal findet man noch alte Tischdecken oder Übungs-Tücher auf Flohmärkten, wo sie eine gesuchte Ware sind. In der Moderne befasst man sich zwar noch mit den alten Techniken, nicht aber mit den tradierten Motiven. Heutzutage geht es nicht mehr um sinnreiche Küchensprüche im Bilderrahmen oder ein Zunfttuch, sondern eher um Urlaubserinnerungen oder schönes Dekor im Wohnzimmer. Moderne Stickereien finden sich auf Flohmärkten und Basaren, aber auch in Touristenshops. Mit Goldstickerei oder dem Besticken von liturgischen Gewändern befassen sich heute Fachleute, die auch Kostüme für das Theater kunstvoll besticken. Vielfach wird solche Arbeit auch den Stickmaschinen überlassen.
Museales zum Thema Stickerei
Im In- und Ausland finden sich verschiedene Stickerei-Museen, deren Besuch sich lohnt. In Deutschland kann man das Stickereimuseum Eibenstock oder die Stickereimuseen Ennigerloh oder Oberhundem besuchen. In Frankreich wartet das Musée de la Broderie in Fontenoy-le-Château auf Besucher, in Österreich das Stickereimuseum Litschau und das Stickereimuseum Lustenau. Interessant ist, dass man sogar in Südkorea Stickereimuseen finden kann. Das Museum of Korean Embroidery, das Han Sang Soo Embroidery Museum oder das Chung Young Yang Embroidery Museum befinden sich sämtlich in Seoul. Auch in Polen und anderen Ländern Europas wird die Stickkunst bis heute hochgehalten.